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„Das Ruhrgebiet hat Leute, die Bock haben

Das Bauen verändert sich gerade radikal: Nicht nur wegen der Marktsituation, sondern auch durch Ressourceneffizienz, Bauen im Bestand und Digitalisierung. Das Beratungs- und Projektmanagementunternehmen Drees & Sommer setzt die Trends europaweit in seinen Büro-, Industrie- und Infrastrukturprojekten um.

Seit rund zehn Jahren auch mit einem Standort im Ruhrgebiet. Ein Markt mit Experimentierfreude, vielen spannenden Projekten und hervorragenden Fachkräften, sagen NRW-Standortpartner Stefan Heselschwerdt und Mareike Haak, Teamleiterin am Standort Dortmund, im Interview.

  • Zinsen, Baukosten, Energiekosten: Aus welchem Feld erwarten Sie einen zündenden Impuls für eine Marktwiederbelebung der Immobilienbranche?

Stefan Heselschwerdt: Wir diskutieren derzeit das Thema Investitionen: Die institutionellen Investoren wie Versicherungen oder Fonds haben ja Geld und müssen investieren. Zum Beispiel Patrizia Immobilienfonds investiert bereits zur Hälfte in Infrastruktur. Immobilien sind dem untergeordnet. Auch die Swiss Life und Andere gehen in diese Richtung. Wir sehen in dem Bereich technische Infrastruktur riesige Möglichkeiten und einen Schub: Brücken, Straßen oder Elektromobilitätshubs. Wir sind davon überzeugt, dass es durchaus neue Assetklassen geben wird, eine davon ist Infrastruktur, eine andere sind Rechenzentren. Denn das Geld muss investiert werden, das Geld ist ja nicht weg.

  • Mit Infrastruktur verdient man erstmal nicht so einfach Geld?

Stefan Heselschwerdt: Wenn Sie bauen und vermieten, also auf PPT-Modelle setzen.

Mareike Haak: Das geht sogar weiter in soziale Infrastruktur. Dass Privatunternehmen Schulen errichten, wird immer mehr zum Thema. 

  • Welcher Akteur muss dafür noch am meisten davon überzeugt werden? 

Stefan Heselschwerdt: Die Investoren sind mittlerweile überzeugt, sonst würden zum Beispiel Patrizia oder Swiss Life nicht umschwenken. Die Kommunen müssen in die Hufe kommen, um solche Ausschreibungen zu machen. Fachleute dazu gibt es genug.

Mareike Haak: Es ist tatsächlich so, dass Kommunen und öffentliche Stellen, die sich privater Anbieter bedienen, heute noch Vorreiter sind. Bei vielen spüren wir eine Vorsicht, was andere Vergabemodelle angeht. 

  • Die Energiekosten treiben die deutsche Wirtschaft um. Welche Entwicklungen sehen Sie bei ihren Projekten und Industriekunden? 

Mareike Haak: Die Energieversorgung, insbesondere die Energie- und Kostensicherheit sind ganz wesentliche Faktoren. Alles strebt gerade zur Energie – gerade was die Standortwahl betrifft. Alles setzt dabei auf erneuerbare Energien. Anders als noch vor fünf Jahren bestimmt Energieversorgung schon recht früh die Planungen in den Projekten. Gerade bei Industrieprojekten kommt man an Wasserstoff nicht vorbei. 

Mehr über Drees & Sommer

Das Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen Drees & Sommer begleitet seit 50 Jahren private und öffentliche Bauherren sowie Investoren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur. Heute hat der Konzern über 5.100 Mitarbeiter an 59 Standorten, u.a. auch in Dortmund. Der Konzern betreut ein jährliches Projektvolumen von 83,3 Milliarden Euro (2022).

  • Welche Chancen bietet der Energieträger Wasserstoff?

Stefan Heselschwerdt: Wasserstoff ist gerade für große Industrieanlagen wie die Stahlproduktionen, die viel Energie brauchen, ein Zukunftskonzept. Deshalb werden Elektrolyseure schon gebaut, auch von uns. Wir sind da auch ganz happy, dass wir in Emden mit 340 MW mit den größten in Deutschland bauen dürfen. Das wird noch weiter zunehmen. Gerade im Ruhrgebiet sehen wir hier eine Zukunft, denn hier sitzen die großen Abnehmer. 

  • Kreislaufwirtschaft und Cradle-to-Cradle-Ansätze sind in aller Munde, aber noch nicht in allen Projekten mitgedacht. Welche Immobilienprojekte bieten die meisten Potenziale?

Mareike Haak: Potenziale gibt es bei allen. Beim Ressourcenschutz nimmt die Bauindustrie eine wesentliche Schlüsselrolle ein. Es ist auch technisch umsetzbar, da gibt es keine Einschränkungen für einzelne Assetklassen. Bei Neubauten hat man eine ganz große Bandbreite, wie man an das Thema herangehen kann. Bei der Planung über modulares Bauen oder durch den Einsatz des Building Information Modeling. Das ist eine mittel- und langfristige Lösung.

Auf der anderen Seite haben wir den riesigen Bestand in Deutschland. Hier ist Cradle-to-Cradle sicherlich etwas schwieriger einzusetzen. Aber eigentlich ist es hier wichtiger, weil Sanierung unter dem Aspekt der Kreislaufwirtschaft viel nachhaltiger ist als Abriss und Neubau. In der Planung ist der Aufwand höher, weil wir in den meisten Fällen nicht alle Daten haben. Wenn man sich das Ruhrgebiet anguckt, ist es eine enorme Aufgabe bei einem enormen Gebäudebestand und davon einem großen Anteil vor 1978 gebaut.  

  • Viele zögern: Es das ein Informationsdefizit, weil die Leute die Möglichkeiten nicht kennen? Oder ist es ein Aufwand- und Kostenhindernis?

Stefan Heselschwerdt: Wenn sie allein den Rohbau stehen lassen, sparen sie nicht nur enorm viel CO, weil das bei der Zementherstellung anfällt. Sie haben auch die Kosten für den Rohbau gespart. Sie haben dadurch auch keine Baugrubenthemen. Das ist ein wirtschaftlicher Vorteil. Das Risiko ist: Man kennt das Gebäude nicht in allen Details. Man muss sich Zeit nehmen, das Gebäude kennenzulernen. Wie tragfähig ist der Rohbau? Wieviel Stahl liegt drin? Liegt der richtig? Schadstoffe, ob festgebunden oder weichgebunden, sind ein Riesenthema. Ganz wichtig: Man muss Risikorückstellungen einstellen. Wenn ich das richtig anschaue, komme ich am Ende oft günstiger weg und spare CO und Zeit, weil ich keinen Rohbau bauen muss.  

  • Energie, Baumaterialien, Digitalisierung müssen zusammengedacht werden. Welchen konkreten Trend erkennen Sie?

Stefan Heselschwerdt: Digitalisierung ist in aller Munde. Aber was wollen wir eigentlich erreichen? Es geht nicht um den Prozess der Planung, das muss eh so funktionieren. Es geht um den Gebrauch, darum dass die Gebäude Daten sammeln und den Verbrauch danach anpassen.  

Mareike Haak: Bei Bestandsgebäuden fehlen meist die Informationen über die energetischen Verbräuche. Das gibt es Technik, die mit wenig Aufwand nachzurüsten ist und die Verbräuche erfasst und analysiert.

Stefan Heselschwerdt: Da wird das Thema Cybersecurity wichtig, weil durch die Technik natürlich ein Einfallstor für Hackerangriffe entsteht. Das wird zukünftig eine viel größere Rolle spielen.

  • Welche Potenziale sehen Sie für die Immobilienbranche und Unternehmen in der Metropole Ruhr?

Stefan Heselschwerdt: In bin 2010 aus Baden-Württemberg nach NRW gekommen, aus einem Bundesland, das erfolgreich, aber auch satt ist. Ich habe dann hier angefangen und in Dortmund unser Büro gegründet und das Ruhrgebiet als innovative Region kennengelernt. Mit Menschen, die sich Gedanken darüber machen, was sie wirklich ändern und antreiben können. Schauen Sie die Projekte wie Phoenixsee in Dortmund, das Zollverein-Areal in Essen oder in Bochum Mark 51°7 an. Das ist krass, was da an Entwicklungen gelungen ist. Das Ruhrgebiet hat Leute, die Bock haben, was zu machen.

Mareike Haak: Ich nehme die Menschen im Ruhrgebiet als sehr neugierig und experimentierfreudig wahr. In anderen Regionen habe ich manchmal das Gefühl, dass Bedenkenträger im Vordergrund stehen. Hier im Ruhrgebiet sind die Diskussionen immer zukunftsgerichtet. Mit guten Ideen und Experimentierfreude ist man im Ruhrgebiet richtig und findet schnell Anschluss. Und andere Partner, die Lust haben, mitzugehen.

  • Was raten Sie Unternehmen, die wie Sie ins Ruhrgebiet kommen wollen? Was brauchen Unternehmen, die sich neu in der Region engagieren wollen?

Stefan Heselschwerdt: Für den Erfolg ist eines erforderlich: Sie brauchen Leute aus dem Ruhrgebiet am Start, die sich damit identifizieren. Fly in, fly out funktioniert nicht, haben wir festgestellt. Es gibt so viele so gut ausgebildete Menschen im Ruhrgebiet, auch durch die Universitäten. Mareike Haak ist das beste Beispiel, sie kommt aus Wetter und identifiziert sich unheimlich mit der Region. Diesen Menschen muss man früh eigene Verantwortung geben. 

Mareike Haak: Die Hochschullandschaft ist stark. Auch bei Werkstudierenden haben wir richtig gute Leute, die top ausgebildet werden. Die dann auch bei uns im Ruhrgeiet zu halten, ist wichtig. Oft klappt das nicht und die wandern ab. Da muss man als Unternehmen einen Mechanismus entwickeln, um genau diesen Leuten eine Perspektive zu bieten. Sie können hier sehr gut selbst gestalten und umsetzen. Es lohnt sich, zu bleiben.

Zu den Personen

Foto Maike Haak: Andreas Endermann; Foto Stefan Heselschwerdt: Drees & Sommer SE / Chantal Wagner

Maike HaakTeamleiterin und Standortkoordinatorin Dortmund, Drees & Sommer SE
Stefan HeselschwerdtStandortpartner Nordrhein-​Westfalen, Drees & Sommer SE

Foto im oberen Seitenbereich:

Eines der wegweisenden Projekte im Ruhrgebiet: Delta Development baute zusammen mit Drees & Sommer das nachhaltigste Logistikzentrum Deutschlands.

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Lydia MatthiasProjektmanagerin
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