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Luftschiffhangar von außen.
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WDL-Luft­schiff­hangar: „Dieses Bau­werk ist einzig­artig“  

Wenn traditionelles Handwerk auf modernen Pioniergeist trifft, dann steckt in dieser Verbindung mitunter wahrlich Großes. Ein Modellprojekt in Sachen zirkuläres Bauen beispielsweise. Der beste Beweis: der neue WDL-Luftschiffhangar am Flughafen Essen/Mülheim. Über die Wiedergeburt einer prägenden Landmarke der Metropole Ruhr, die so viel mehr ist als nur das Ergebnis eines der prestigeträchtigsten Bauvorhaben der vergangenen Jahre.

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Kann ein Gebäude als CO2-Senke funktionieren?

Es kann. Wenn es auf die richtigen Materialien setzt. Und es kann dabei sogar richtig gut aussehen. 

Wobei diese Formulierung jenem 92 Meter langen, silbernen Oval auf der grünen Weite des Flughafen-Geländes in seiner schlichten Ästhetik nicht gerecht wird: Wie die Rippenbögen eines Wals wölben sich mit einer Spannweite von satten 42 Metern die 15 Gelenkbögen des Tragwerks über den Köpfen der Gäste. Stolze 26 Meter misst der höchste Punkt des neuen Hangars. Knapp darunter „klebt“ Luftschiff Theo scheinbar unmittelbar unter der Konstruktion. 

Nach Westen gibt eine vier Meter hohe Glasfuge den Blick auf das Rollfeld frei. Es riecht nach Wald. Denn abgesehen von wenigen stählernen Lagerpunkten, ist dieses Hallentragwerk komplett aus Holz. Genauer: 557 Tonnen Fichtenholz. Nachwachsend und recyclingfähig. Eine hölzerne Kathedrale mit einer Fläche von 3.500 Quadratmetern. Der Rohbau entstand ab Sommer 2022 in nur elf Wochen Bauzeit. Normale Bauvorhaben gehen anders.

557Tonnen Fichtenholz
26Meter Höhe

Tatsächlich waren die Ansprüche an die neue Luftschiffhalle an der Lilienthalstraße in Mülheim, die zugleich als Eventhalle für bis zu 1.500 Menschen fungiert, von Beginn an hoch. Angefangen mit den Dimensionen, über den engen Zeitplan und das markante Design bis hin zu zentralen Kriterien der Kreislaufwirtschaft. 

Letztere hatte die Westdeutsche Luftwerbung Theodor Wüllenkemper GmbH & Co. KG – kurz WDL-Gruppe – als Bauherrin zur Bedingung gemacht, wie Projektleiter Dipl.-Ing. Lars Römling erläutert: „Zirkuläres Bauen war ein wichtiger Teil der Aufgabenstellung.“ 

3.500Quadratmeter Fläche
1.500Menschen passen in die Eventhalle

Keine einfache Vorgabe. Die Planer indes haben gleich geklotzt und nicht gekleckert – und sich eine Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) nach Goldstandard als Ziel gesetzt. Ein Anspruch, der mit einem dicken Maßnahmenkatalog verbunden ist. 

Tragwerksplaner Dipl.-Ing. Tobias Wiesenkämper: „Beim Goldstandard zählen Kriterien wie herausragende Architektur, Trinkwassernutzung, Barrierefreiheit und eben Nachhaltigkeit, also die Frage: Wie lange kann ich dieses Gebäude nutzen? Es geht hier nicht um Bauwerke, die in 20 Jahren keiner mehr will.“ Folgt man der Logik der Kreislaufwirtschaft gilt also die Prämisse „Gebaut für die Ewigkeit“.  

Aufgegriffen wurde dieser Anspruch gleich in mehrfacher Hinsicht: über die Nutzung, den „Re-Use“, bereits vorhandener Materialien und über die Möglichkeit, die einzelnen Bestandteile auch künftig weiter verwerten zu können.

„Wir haben auf nachhaltige und recyclingfähige Baustoffe gesetzt und diese so verbaut, dass sie auch wieder sortenrein getrennt werden können.“ 

Dipl.-Ing. Lars RömlingProjektleiter

Ein zukunftsgewandter Blick, der auch eine Rückbesinnung auf alte handwerkliche Techniken erforderte: Denn tatsächlich ist das Holzfachwerk über 592 Knotenpunkte durchgehend mit Holz gezapft. 

Die übliche Vorgehensweise – die Arbeit mit Stahlplatten und Stahlstiften – hätte die CO2-Bilanz des Neubaus deutlich belastet und eine spätere sortenreine Trennung erschwert. „Wir haben uns deshalb an der Bauweise alter Fachwerkhäuser orientiert. Das Tragwerk lässt sich also komplett auseinandernehmen. Und das gibt es in dieser Größenordnung sonst nicht. Dieses Bauwerk ist einzigartig“, sagt Römling.

592Knotenpunkte durchgehend mit Holz gezapft

Zahlreiche weitere Maßnahmen zahlen ebenfalls auf den zirkulären Grundgedanken ein: So wurden die ehemaligen Fundamente, insgesamt stieß man auf drei, vor Ort gebrochen und als Unterbau für den neuen Boden genutzt. Lange Transporte für Entsorgung und Neu-Anlieferung entfielen. 

Zudem wurden keine zusätzlichen Flächen neu versiegelt, die neue Halle entstand exakt auf dem Fußabdruck des Vorgängers. Und auch für den Hangarboden selbst fand sich eine nachhaltige Lösung: Statt eine Fläche von Fußballplatz-Maßen neu mit Beton zu gießen, nutzten die Planer bereits vorhandene Betonplatten aus der Auflösung eines Mülheimer Logistikzentrums. Römling: „Die wurden nicht gesandstrahlt, sondern so verbaut, wie sie gekommen sind: nicht immer ganz passend zueinander und inklusive der alten Fahrbahnmarkierungen.“ 

 

Materialauswahl, recycelte Baustoffe und CO2-Einsparung

Über Materialauswahl und recycelte Baustoffe kommt der neue Hangar auf CO2-Einsparungen in Höhe von 156 Tonnen, die CO2-Filterleistung des Holzes nicht mitgerechnet. Ein digitales Gebäudemodell im Materialkataster „Madaster“ stellt, so Wiesenkämper, zudem sicher, „dass unsere Enkel wissen, welche Baustoffe ihnen hier zur Verfügung stehen“. Und dazu gehöre dann auch das 6.500 Quadratmeter große Aluminiumdach. 

„Die Alternative wäre eine Folie gewesen, ähnlich wie beim Vorgänger, der nach ihrem Dach benannten ‚grünen Raupe‘. Die hält aber maximal 20 Jahre. Aluminium hält ewig.“ Und wo eine Folie hätte aufgeklebt werden müssen, sind die Aluminiumbahnen über Steckverbindungen mit den Trägern verbunden – und können sortenrein demontiert und recycelt werden. 

Alles in allem entspricht das Projekt für Wiesenkämper „dem starken Pioniergeist“, den auch Luftfahrtunternehmer Theo Wüllenkemper einst gelebt hat: „Diesen Geist haben Barbara Majerus und Frank Peylo als Geschäftsführung der WDL-Gruppe weitergetragen, indem sie uns ermutigt haben, zukunftsweisend zu arbeiten.“ 

Mit dem „Silberrücken“ wurde ein würdiger Nachfolger für die „grüne Raupe“ gefunden

Mit dem „Silberrücken“ scheint also ein würdiger Nachfolger für die „grüne Raupe“ gefunden worden zu sein, die als Landmarke lange Jahre das Bild der Metropole Ruhr prägte. 

Und auch die Luftschifffahrt bleibt am Flughafen Essen/Mülheim zukünftig lebendig, selbst wenn „Theo“ bereits im Ruhestand ist: Die Deutsche Zeppelin-Reederei hat den Hangar-Platz neben dem alten Blimp gebucht – als Parkplatz für den Zeppelin NT. 

Denn auch das ist klar: „Der Hangar ist in erster Linie eine Luftschiffhalle und erst dann eine Eventhalle“, versichert Römling. Ein Spagat, der dem Gebäude ebenso nachhaltig glückt, wie jener zwischen hölzerner Kathedrale und moderner Schiffswerft. 

Ausgezeichnete Architektur

Architektur und Konzept des WDL-Luftschiffhangars wurden bislang schon mehrfach prämiert, unter anderem mit einer Auszeichnung beim Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2024 und beim Architekturpreis Mülheim an der Ruhr 2023. Darüber hinaus erzielte der Hangar den ersten Preis beim Kalzip Architecture Award 2023 in den Kategorien „Dach“ und Nachhaltigkeit“ sowie den zweiten Platz beim Location Award als „Beste Eventlocation mit Wow-Effekt in Deutschland“.

Text: Redaktionsbüro Schacht11  
Bilder: WDL, Stefan Lamberty

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