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Schneller, digitaler, transparenter werden

18.06.2025

„100 Meter Pipeline dauern zwei Jahre“, sagt Lars Baumgürtel, CEO der ZINQ Group und Präsident der IHK Nord Westfalen, im Fachpanel „Energie & Infrastruktur“ bei der Wirtschaftskonferenz Ruhr 2025. Wolle man die gesetzten Klimaziele erreichen und die Industrie energetisch transformieren, sei das viel zu lang. Denn: Ohne eine entsprechende Infrastruktur sind die Energiewende und eine klimaneutrale Industrieproduktion kaum möglich. Wo hakt es bei Genehmigungsprozessen? Was muss sich ändern? Darüber diskutierten Vertreterinnen und Vertreter von Industrie, Handwerk, Kammern, Kommunen, Land, Bund und Europa bei der Wirtschaftskonferenz Ruhr im Luftschiffhangar Essen/Mülheim.

Einfach mal machen, nicht die perfekte Lösung suchen

Bürokratische Verfahren und Genehmigungsprozesse müssen vereinfacht werden. Darüber war sich die Diskussionsrunde zum Thema „Energie & Infrastruktur“ einig. „Was verlieren wir an Innovationen, an Ideen, von Leuten, die sagen ‚Das ist mir zu viel Bürokratie‘?“, fragte Josef Hovenjürgen, Parlamentarischer Staatssekretär im NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung. 

Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund, ergänzte: „50 Prozent der Meister-Absolventen, die sich nicht selbständig machen wollen, geben als Hauptgrund die Sorge vor zu viel Bürokratie an.“ Ohne Fachkräfte gelinge die Energiewende aber nicht. Unternehmer und Handwerk forderten mehr Freiräume von Staat und Verwaltung, um ihre Ideen umzusetzen, in regionalen Clustern zusammenzuarbeiten oder Prozesse umzustellen. In der Vergangenheit habe man in Deutschland nach perfekten Lösungen gesucht, nun müsse man ins Machen kommen.

Mentalitätswandel in Behörden

Das Panel forderte einen Mentalitätswandel. Der Staat solle mehr Vertrauen in die Unternehmen haben und weniger kontrollieren. In den Behörden müsse ein Umdenken stattfinden, so Bodo Klimpel, Landrat des Kreises Recklinghausen, weg von Genehmigungs- hin zu Ermöglichungsbehörden. 

„Wir müssen raus aus dieser Misstrauenskultur, in der der Staat alles bis ins Kleinste vorgibt, kontrolliert und genehmigt. Stattdessen brauchen wir eine Kultur des Ermöglichens. Das bedeutet: mehr Selbstverantwortung, mehr Freiheit und weniger Kontrolle – mit Stichproben statt Vollüberwachung.“

Thomas JarzombekParlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung

Zu den Forderungen und konkreten Vorschlägen, die von den Teilnehmenden diskutiert wurden, gehörten:

  • Digitale Prozesse, wie etwa das „Once-Only-Prinzip“, bei dem Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger gewisse Standardinformationen nur einmal an Behörden übermitteln müssen und Verwaltungen die Daten untereinander weitergeben können; sowie der Einsatz von KI
  • Prozesse sollten nicht nur digitalisiert, sondern auch Prozessschritte gestrichen werden.
  • Die Teilhabe an digitalen Services des Staates müsse einfacher und transparenter sein.
  • Verzicht auf sogenanntes Gold Plating: EU-Vorgaben sollten 1-zu-1 angewendet und nicht noch national verschärft werden.
  • Stärkere Anwendung des „Think Small First“-Prinzips: Berichtspflichten sollten insbesondere für Handwerk und KMU reduziert werden oder darauf geachtet werden, wie kleine Unternehmen diese erfüllen können.
  • Die Vereinfachung von Förderprogrammen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene.

 

Kerstin Jorna, Generaldirektorin, Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der Europäischen Kommission, wies darauf hin, dass mit jüngsten EU-Regelungen bereits Verbesserungen umgesetzt wurden. So gebe es zum Beispiel seit Mitte 2024 für „Clean Tech“-Unternehmen ein EU-weites einheitliches Genehmigungsverfahren, das digital und transparent sei und klare Deadlines habe. Am Ende zähle eine Entscheidung „Du darfst es oder du darfst es nicht“ – und das nicht nach Jahrzehnten, sondern möglichst schnell, so Jorna.

Das Ruhrgebiet als Modellregion

Unter den Diskutantinnen und Diskutanten gab es viele Sympathien für eine „Modellregion Entbürokratisierung“ im Ruhrgebiet, in der die verschiedenen Forderungen für einen gewissen Zeitraum getestet würden. Er sei ein Fan des Ruhrgebiets und ein Fan davon, denjenigen, die etwas machen wollten, auch die Möglichkeit zu geben, so Staatssekretär Jarzombek. Das Ruhrgebiet sei bereit, wenn das Land es möchte, betonte Landrat Klimpel. Gerade im Ruhrgebiet gebe es bereits viele regionale Cluster, in denen sich Unternehmen zusammenschlössen, um die Energiewende gemeinsam voranzubringen, so Baumgürtel. „Wir wollen zeigen: ja, die energetische Transformation schaffen wir.“

 

„Sie im Ruhrgebiet können Transformation, weil es einen Dialog gibt, wo man eigentlich hingehen will. Es wird nicht nur auf den Prozess geschaut, sondern was hinten rauskommen soll. Das Ruhrgebiet ist eine Inspirationsquelle.“

Kerstin JornaGeneraldirektorin, Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der Europäischen Kommission

Auf dem Panel „Energie & Infrastruktur“ bei der Wirtschaftskonferenz Ruhr 2025 waren vertreten: Kerstin Jorna, Generaldirektorin, Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der Europäischen Kommission; Thomas Jarzombek, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung; Josef Hovenjürgen, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen; Lars Baumgürtel, CEO der ZINQ Group und Präsident der IHK Nord Westfalen; Bodo Klimpel, Landrat des Kreises Recklinghausen sowie Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund.

Mehr zur Wirtschaftskonferenz Ruhr 2025

Positionspapier Energie & Infrastruktur

Im Vorfeld der ersten Wirtschaftskonferenz Ruhr wurden in Workshops mit Vertreterinnen und Vertretern aus Verbänden, Politik und Wirtschaft zwei Positionspapiere zu den Themenfeldern „Immobilien & Bau“ sowie „Energie & Infrastruktur“ erarbeitet, die als Diskussionsgrundlage für die Panels dienten. Sie finden die Ausführungen zum Themenfeld „Energie & Infrastruktur“ hier zum Download.

Sie möchten mehr über die Wirtschaftskonferenz 2025 erfahren? Dann melden Sie sich gerne bei uns.

Benjamin LegrandLeiter
Unternehmenskommunikation, Pressesprecher
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