Erhalten, sanieren, wiederverwenden: Wie kann nachhaltiges Bauen gelingen? Das war der Themenkreis, der in Dortmund mit Architektinnen, Stadtplanern, Handwerkern, Wissenschaftlerinnen und Bauunternehmern diskutiert wurde. Einig waren sich die Experten und Impulsgeberinnen der Podiumsdiskussion, dass das Bauen im Bestand eine Änderung des Mindsets voraussetze. Neubau und Bauen im Bestand seien zwei unterschiedliche Disziplinen, die unterschiedliche Herangehensweisen erforderten. "Wir haben Neubau gelernt. Für das Bauen im Bestand brauchen wir aber auf allen Ebenen andere Prozesse", betonte Sarah Dungs, Geschäftsführerin der Greyfield Group und Vorsitzende des Verbands für Bauen im Bestand.
Nachhaltig und profitabel - geht das?
Der Bau- und Gebäudesektor muss sich wandeln – und hier spielt zirkuläres Bauen eine zentrale Rolle. Der Verzicht auf Einmalprodukte und der Einsatz von Baustoffen, die kreislauffähig entwickelt werden, können dazu beitragen, die Transformation in der Immobilienwirtschaft nachhaltig voranzutreiben.
“Wir müssen hinschauen, was wir verbauen. Wir sollten die Materialauswahl studieren wie einen Beipackzettel einer Arznei.”
Architektin BDA, Universität WuppertalGerade für das serielle Bauen biete die Modulbauweise gute Hebel, um neue Wege beim Sanieren und Umbauen zu beschreiten, erläuterte Hillebrandt, denn modulare Elemente könnten kreislauffähig hergestellt werden. Grundsätzlich sei aber zu überlegen, so Dungs: „Was bauen wir alles ein? Und was brauchen wir wirklich?"
Kostengünstiges Bauen im Bestand sei möglich, so der Tenor. Zumindest dann wenn über einen längeren Lebenszyklus gerechnet werde und Konsens darüber herrsche, dass nicht alle Gebäude einen High-end-Standard benötigten.
Wertschätzung und Identität
Vor der Frage Abriss oder erhalten und sanieren stand auch die Koerfer'sche Verwaltungsgesellschaft als es um die Zukunft des ehemaligen Kaufhaus-Gebäudes in der Essener Innenstadt ging. Geschäftsführer Daniel Schild erläuterte in seinem Impuls, was die Geschäftsführung zur Revitalisierung des Gebäudekomplexes motivierte: „Natürlich spielt die Wirtschaftlichkeit bei einem solchen Großprojekt eine entscheidende Rolle. Es gibt aber neben den Zahlen auch weitere Faktoren, die die Entscheidung für den Umbau des bestehenden Gebäudes beeinflusst haben. Beim Königshof in Essen war es die lange Tradition des Hauses. Um 1900 stand an dieser Stelle das „Grand Hotel Royal", später das Hotel Königshof, das jetzt als Namensgeber für die neugestaltete Immobilie fungiert. 1937 eröffnete an dem Standort das DeFaKa, das Deutsche Familien-Kaufhaus. In den 70er Jahren wurde an dem Standort das Kaufhaus Horten eröffnet, in den 90ern schließlich der Kaufhof. Die Fertigstellung des neuen Königshof Essen ist für Sommer 2025 vorgesehen."
Auf die Wertschätzung eines Gebäudes und seine baukulturelle Identität ging auch Prof. Achim Pfeiffer, Architekt und Lehrbeauftragter an der Hochschule Bochum, in seinem Impuls ein. “Gerade für das Ruhrgebiet liegt eine große Chance darin, über bestehende Gebäude eine regionale Identität zu stiften, die der Neubau nicht hat." Um das Bauen im Bestand zu ermöglichen, regte an, über die Standards nachzudenken, die bisher für den Neubau angelegt wurden. „Wir müssen weg von den Erwartungen, die wir an den Neubau stellen."